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Die beliebtesten Instrumente sind…

instrumente Dec 11, 2022

Idealo hat zum Weltmusiktag einen fundierten Vergleich über Musikinstrumente veröffentlicht. Dabei gingen sie der Frage nach, welche Musikinstrumente vor allem während und nach der Corona-Zeit am meisten verkauft wurden.

Sie haben mich daraufhin kontaktiert und mich um meine Meinung gebeten. Das ehrt mich natürlich sehr und ich gebe dir nun meine Gedanken zu diesem Artikel weiter. 

Idealo nahm folgende Instrumente ins Visier:

  • Tasteninstrumente
  • E-Gitarren
  • Akusikgitarren
  • E-Bässe
  • E-Drums
  • Perkussionsinstrumente
  • Flöten
  • Mundharmonikas

Geigen (wie auch Cellos, Bratschen und Kontrabässe) und Trompeten (sowie andere Blech- und Holzblasinstrumente) wurden nicht miteinbezogen, da diese Instrumente ein Schattendasein führen. Darauf gehe ich später in diesem Blogartikel noch näher ein.

Ich möchte jetzt nicht allzu tief in den Idealo-Artikel eintauchen, sondern meine Gedanken und ein Fazit zum Artikel beitragen. Den Idealo-Artikel findest du hier:

=> Hier kommst du direkt zum Artikel

Idealo hat herausgefunden, dass Tasteninstrumente am beliebtesten sind. Allein die Digitalpianos machen 40% aller Käufe aus. Die E-Gitarren erreichen nur 22% und die Akustikgitarren 15%. Das Keyboard liegt mit 13% knapp hinter der Akustikgitarre.

Linkshänder-Instrumente wie Gitarren und Bässe machen nur noch 3% in der jeweiligen Kategorie aus. Früher hat man noch darauf geachtet, doch heute lernen angehende Gitarrist:innen und Bassist:innen herkömmliche Instrumente. Als ich in den 90er Jahren studierte, waren meine beiden Basslehrer Linkshänder, die auf einem normalen Bass spielten. Das Hirn lernt schnell und beim Klavier gibt es ja auch keine Linkshänder-Tastaturen.

 

Weshalb sind Tasteninstrumente so beliebt?

Die Musik und auch die Produktion hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark weiterentwickelt und verändert. Wenn du dir die heutigen Mainstream-Tracks anhörst, sind synthetische Klänge allgegenwärtig.

Auch ist es so, dass heutzutage fast jeder mit kleinem Budget sich ein Tonstudio aufbauen kann. Mit einem Laptop, einer Soundkarte, ein paar Kopfhörern und einem Keyboard bist du schon am Start.

Die virtuellen Instrumente haben eine Qualität erreicht, die fast nicht mehr von ihren akustischen Pendants zu unterscheiden sind. Ganz ehrlich gesagt: Du kriegst mit einem gesampelten Piano mittlerweile einen akkurateren Sound hin, als wenn du einen Flügel mit Mikrofonen aufnimmst. Vor allem, wenn du nicht über den idealen Raum verfügst und zudem noch hochwertige Mikrofone besitzt, die du dann auch noch gekonnt einsetzen musst.

 

Was ist mit den restlichen Instrumenten los?

Die Keyboards und Digitalpianos verdrängen die anderen Instrumente. Wo früher das Gitarrensolo war, findest du heute Featured Artists oder Synth-Hooks. Das ist auch der Grund, weshalb die Gitarre grösstenteils ihren Einfluss verloren hat. Es gibt fast keine Gitarrenhelden mehr, so wie früher. Du findest keinen Slash, Eddie van Halen, Jimi Hendrix oder Carlos Santana mehr. Dass sich junge Leute nicht mehr für die Gitarre interessieren, sehe ich auch bei Gitarrenlehrern. Sie haben immer weniger Schüler.

Noch härter trifft es die Trompeten-, Saxofon- und Posaunenlehrer. In den Siebziger- und Achtzigerjahren waren Bläsersätze an der Tagesordnung. Deshalb spielten auch viele Schüler diese Instrumente. Doch weil Holz- und Blechblasinstrumente den Mainstream verlassen haben, interessieren sich immer weniger Menschen dafür. Das spüren auch die Dorfkapellen. Viele dieser Vereine haben sich aufgelöst.

Klassische Streichinstrumente werden ebenfalls immer weniger gespielt. Meiner Meinung nach überlebt die klassische Musik nur noch wegen der staatlichen Subventionen. Müsste sich die klassische Musik im freien Markt behaupten, wäre sie sehr wahrscheinlich schon ausgestorben.

Als ich vor einem Jahr für ein Projekt ein Arrangement für echte Streicher komponiert habe und diese von Musikern des Kölner Symphonie-Orchesters unter der Leitung von Steve Reich eingespielt wurden, kamen danach viele Zuhörer zu mir und meinten aller Ernstes, dass die Streicher nicht echt waren. Weshalb? Weil sich die Leute an die Sample-Librarys gewöhnt haben und diese Klänge ihren Soundgewohnheiten entsprechen. Echte Streicher klingen für sie nun künstlich. Traurig…

 

Wie geht es nun weiter?

Die Preise für Synths und Keyboards sind um fast 40% günstiger geworden in den letzten Jahren und ich denke, sie fallen noch weiter. Zusätzlich ist die Nachfrage der Instrumente enorm gestiegen. In den letzten 4 Jahren um 55%! Das ist ein positives Zeichen. Musik ist im Trend!

Die Nachfrage von Keyboards heizt auch die Entwicklung von virtuellen Instrumenten und das Design neuer Sounds an. Dadurch werden wieder mehr Tasteninstrumente verkauft. Es entsteht ein «Flying Wheel», ein Schwungrad, welches sich immer schneller dreht. Da haben es die klassischen Instrumente echt schwer.

Das hat wiederum zur Folge, dass fast keine echten Instrumente aufgenommen werden. Recording Studios spüren das. (Glücklicherweise mache ich vor allem Mixing und Mastering).

Was dadurch leider zu kurz kommt, ist die Kunst der Komposition und des Arrangements. Viele junge Produzenten ignorieren die Regeln der Stimmführung, beherrschen die Harmonielehre nicht und wissen nicht, dass Bläsersätze andere Voicings benötigen als Streicher-Quartette.

Heute kannst du mit Helfer-Software Kadenzen erstellen, ohne die kleinste Ahnung von Musiktheorie zu besitzen. Der Nachteil ist eindeutig: Alles klingt gleich und die überraschenden Wendungen fehlen. Werke wie Bohemian Rhapsody von Queen oder Rainbow Children von Prince kannst du ohne tiefes harmonisches Verständnis nicht komponieren.

Deshalb sind Filmmusik-Komponisten so gefragt, die noch die klassische Instrumentierung, Kontrapunkt und das Setzen von Stimmen beherrschen. Aber eben, das kostet Arbeit, Disziplin, Durchhaltevermögen und Hingabe. Das ist in unserer schnelllebigen Gesellschaft für viele eine grosse Hürde.

Dafür musst du nicht mehr alle Instrumente selbst beherrschen und der Preis für die Produktion eines Albums ist auf einen Bruchteil geschrumpft. Das ermöglicht allen Musikbegeisterten die Türe für ihre Kreativität. Und das ist gut!

 

Nicht alles ist günstiger geworden

Die Schlagzeuger hingegen haben das Nachsehen. Die Preise für E-Drums sind um ca. 20% gestiegen. Ich denke das hat vor allem damit zu tun, dass auch hier virtuelle Schlagzeuge in den Produktionen die Nase vorn haben. Ein Grossteil der Produktionen, die ich im Studio mischen und mastern muss, sind mit dem Plugin Superior Drummer produziert worden. Sogar Heavy Metal und Singer Songwriter Produktionen. Ich muss gestehen, die virtuellen Drums klingen schon klasse!

 

Die Gewinner sind…

Die DJs und Produzenten! Das DJ-Equipment hat massiv zugelegt. Mit fast 60% Zuwachs sind sie die absoluten Überflieger.

Dazu gehören:

  • Controller
  • Lautsprecher
  • Audiosoftware
  • Kopfhörer
  • DJ-Mixer

Wie erwähnt kann sich jeder heutzutage ein Homerecording-Studio leisten, von dessen Qualität wir vor 20 Jahren nur zu träumen wagten. Und das zu einem Bruchteil des Betrages, welchen du damals für ein Studio ausgeben musstest. Ja, es ist wirklich unglaublich. Letzthin habe ich im Flugzeug mit meinem Laptop und ein paar Kopfhörern einen ganzen Song produziert. Das war noch vor ein paar Jahren reine Science-Fiction.

Weshalb sind die DJ- und Studio-Tools so beliebt geworden? Während Corona und den Lock Downs mussten alle zuhause bleiben. Konzerte wurden abgesagt und nicht jeder darf in den eigenen vier Wänden ein Instrument spielen. Denn die Nachbarn sind meist nicht sehr kulant. Was bleibt einem übrig als mit elektronischen Mitteln weiterhin Musik zu machen? Die Software-Hersteller hat es gefreut und sie konnten grosse Gewinne einfahren.

Ich hoffe, dass viele junge Menschen weiterhin Musik machen, sich weiterbilden und wieder neue Stile entwickeln. Ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren so auf uns zukommt.

 

Fazit

Es ist nicht überraschend, dass Tasteninstrumente und Studio-Gear immer beliebter werden. Die Musikproduktion im Rechner ist erschwinglich geworden und die virtuellen Instrumente, wie auch die Plugins, setzen neue Standards. Sie sind mittlerweile so gut geworden, dass Hardware langsam obsolet wird. Sogar viele Mastering Engineers gehen nun den Software-Weg. Falls du mehr darüber erfahren möchtest, schaue dir doch meine beiden Video-Interviews mit dem Mastering-Urgestein Andreas Balaskas an:

Mastering Tools - Interview mit Andreas Balaskas - Teil 1

Automatisiertes Mastering - Interview mit Andreas Balaskas - Teil 2

Als alter Funk- und Jazz-Liebhaber wünsche ich mir jedoch, dass die Gitarren und auch die Bläser ein Revival erleben, denn diese Instrumente sind mit Samples immer noch nicht exakt reproduzierbar.

Lass es grooven,

 

 


 

Trulli Trulli 

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